Holzwurm Nr. 22 – Verdichten oder zersiedeln

Verdichtetes bauen

Es ist der Traum vieler Schweizerinnen und Schweizer: Ein freistehendes Einfamilienhaus mit Umschwung und Aussicht. Doch das braucht Platz. Das Resultat: Zersiedelung bedroht den Boden in der Schweiz. Vor allem ländliche Agglomerationen urbanisieren. Das Zauberwort heisst daher Verdichtung.

Verdichtetes Bauen wird oft mit seelenlosen Hochhäusern ohne Innenleben in Verbindung gebracht. Aber Verdichtung kann auch ein Synonym für neue Gelegenheiten sein – und für mehr Lebensqualität.
Interessieren die folgenden Themen? Raumplanungsgesetze und deren Auswirkungen in der Praxis. Möglichkeiten im verdichteten Bauen. Dann melden Sie sich zum Informationsanlass am 1. November 2018 an. Als Gastreferenten haben wir einen Experten für Siedlungsentwicklung nach Innen eingeladen.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme – weitere Informationen zum Thema Verdichtung finden Sie in diesem Newsletter.

Ihr Nik Stuber

Bauen in der Agglomeration: Verdichten oder zersiedeln?

Mehr Menschen brauchen mehr Platz – diese Parallele ist zu einfach. Felix Kienast, der mit einer Gruppe von Forschenden der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft das Problem der Zersiedelung untersucht hat, sagt dazu: „Das Bevölkerungswachstum alleine kann die Zersiedelung und den damit verbundenen Bodenverbrauch kaum erklären.“ Einen bedeutenderen Einfluss hätten andere Entwicklungen wie beispielsweise die Zunahme der Einzelhaushalte. Auch die Erreichbarkeit einer Gemeinde für den Verkehr hänge mit der Zersiedelung zusammen. Sobald ein bestimmter Grad der Verstädterung erreicht sei, drehe sich der Effekt der guten Erreichbarkeit und begünstige die Verdichtung, wie Vergleiche über mehrere Jahrzehnte zeigten. So würden gegenwärtig vor allem die relativ gut erreichbaren, aber noch nicht stark verstädterten Agglomerationsgemeinden am stärksten zersiedelt.

Gemeinden machen uneinheitliche Vorgaben

Entscheidend beeinflusst wird das verdichtete Bauen durch Rahmenbedingungen für Bauherren. Diese wiederum kommen von den Gemeinden – in sehr unterschiedlichen Ausprägungen: Eine Umfrage bei Gemeinden hat laut der Studie des Schweizerischen Nationalfonds eine starke Abhängigkeit von der Grösse der Gemeinden aufgezeigt. So würden in vielen kleinen Gemeinden in der Regel die Gemeindeschreiber die administrative Last der Planungsaufgaben tragen. Grössere Gemeinden dagegen hätten oft eine Verwaltungsabteilung, die auch Planungsaufgaben übernehme, oder gar eine eigenständige Abteilung für Raumplanung. Sie seien entsprechend besser in der Lage, neue und komplexere Planungsinstrumente wie Sondernutzungspläne mit städtebaulichen Anforderungen einzusetzen. Die Studie zeigte zudem, dass Zentren und Agglomerationen unter hohem Siedlungsdruck striktere Raumplanungsmassnahmen durchsetzen als kleine und periphere Gemeinden. Dies erfolge etwa durch die Beschränkung von Zonen mit niedriger Dichte, also Einfamilienhausquartiere, oder einer Koordination der Zonierung mit der Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr. Die aktiveren unter den kleinen Gemeinden konzentrierten sich eher auf Massnahmen gegen die Baulandhortung oder sie setzten hohe Ausnutzungsziffern ein, was eine kompakte Siedlungsfläche und eine verdichtete Bauweise begünstigen sollte.

Trend zur Zersiedelung umkehren

Agglomerationen sollen Stadtteile mit hoher Lebensqualität werden. So lautet der Vorschlag von Forschern, wie der Trend zum Siedlungsbrei und zu Schlafquartieren umgekehrt werden könnte. «Die Stadtwerdung der Agglomeration wird zur Kernaufgabe des 21. Jahrhunderts werden», sagte Jürg Sulzer, Präsident der Leitungsgruppe des Forschungsprogramms NFP 65. Der Fokus seiner Forschungsarbeiten lag auf der urbanen Qualität der Agglomerationen, in denen immerhin rund 73 Prozent der Schweizer Bevölkerung leben. Der Abschlussbericht des Forschungsprogramms mit dem Titel «Neue urbane Qualität» schlägt vor: «Mehr Stadt für alle».  Die heutigen Menschen wünschten sich Geborgenheit, das Gegenteil von Anonymität. Von der hohen Lebensqualität in den historischen Innenstädten profitierten jedoch nur wenige und vor allem mittelständische Bürger. Beziehungslose Häuser auf der «grünen Wiese» könnten das nicht bieten. Die Forscher empfehlen, dies vor allem beim anstehenden Umbau der Agglomerationssiedlungen aus den 1960er bis 1980er Jahren zu berücksichtigen. Dazu brauche es Visionen – und zwar nicht ausgehend von den Gebäuden, sondern von Freiräumen wie Parks, Plätzen oder Erholungsgebieten. «Das ist ein Perspektivenwechsel um 180 Grad für die Raumplanung», kommentierte die Direktorin des Bundesamtes für Raumentwicklung, Maria Lezzi. Eine solche Entwicklung würde Landschaften und Kulturland schonen und Gemeinschaften bilden, damit sich Familien und Einzelpersonen in Zukunft wohlfühlten.

Interessiert Sie das Thema? Dann melden Sie sich gleich an zum Informationsanlass “Bauen in der Agglomeration: Verdichten oder zersiedeln”.